Widerstehet dem Teufel, so fliehet er euch. Jakobus 4,7
Wer diese Überschrift liest, wird vielleicht meinen, in den folgenden Ausführungen etwas zu finden, woraus er sich eine Methode schaffen könnte, wie er mit dem bösen Geist kämpfen müsse, damit er ihn ganz sicher besiege. Dieser Wunsch ist nur zu begreiflich. Denn wer ehrlich auf dem Weg des Lebens vorwärts gehen will und dabei erfährt, wie sehr nun erst recht die Versuchungen über ihn kommen, wie er dem Geist des Bösen und dem bösen Geist offen und getarnt bei jedem Schritt begegnet - der wünscht sich oft, er könnte ihn so siegreich bekämpfen, daß er endgültig Ruhe vor ihm habe.
Solch ein Wunsch ist töricht. Ja, er ist sogar gefährlich. Denn er gaukelt uns ein Bild einer Ruhe und Sicherheit vor, dem wir gar zu leicht erliegen. Und damit sind wir wiederum dem bösen Geist zum Opfer gefallen. Unsere Aufgabe bleibt der Kampf mit dem bösen Geist. Nur handelt es sich allerdings darum, einen Weg zu finden, wie wir ihn bestehen lernen.
Ist es eigentlich ein Kampf im gewöhnlichen Sinn des Wortes? Also ein Ringen um den Sieg des Stärkeren? Darum kann es sich nicht handeln, denn wir wissen doch, daß "groß Macht und viel List sein grausam Rüstung ist"; "wir sind gar bald verloren"! Nein, dieser Kampf, von dem hier die Rede ist, ist auch ein Teil der geistlichen Übung, die uns tagtäglich auferlegt ist. Er ist eine Erfahrung, die wir immer wieder machen müssen, bis wir vor den Überraschungen des Feindes sicherer sind, und "durch Gewohnheit geübte Sinne" bekommen haben, um zu wissen, wie wir ihm begegnen müssen (Hebräer 5, 14).

 Im Mauritshuis in den Haag hängt ein seltsames Gemälde Rembrandts. Es stellt dar den Kampf mit dem bösen Geist: wie der junge David vor dem König Saul die Harfe spielt. Saul weiß, daß er ein von Gott verworfener König ist (1. Samuelbuch 15, 23 und 28). Noch sitzt er da in aller Herrlichkeit seines Königtums, angetan mit leuchtenden Gewändern und geschmückt mit einem Turban und einer goldenen Krone. Aber sein eingefallenes Gesicht und sein starres Auge, sein böse verzogener Mund passen schlecht zu dieser äußeren Pracht. Er sitzt da, groß und gewaltig; man möchte meinen, er sei die Hauptperson auf dem Bild - und doch sucht er sich zu verstecken in einer Höhle. Ein schweres, dunkles Tuch, wohl den Zeltvorhang, hat er herangezogen und bedeckt damit ein Auge, die Hälfte seines Gesichts und seiner Gestalt. Und diese Rundung des Vorhanges, an dem er sich wie an eine Parabel anschmiegt, scheint ihn in der dunklen Höhle sitzen zu lassen, aus der er sich nicht befreien kann. Saul, besessen vom bösen Geist!
Rechts vor ihm, niedriger und viel kleiner, ohne irgend eine Verbindung und Beziehung zu ihm, steht David und spielt auf der Harfe. "Wenn nun der böse Geist über Saul kam, so nahm David die Harfe und spielte mit seiner Hand, so erquickte sich Saul, und es ward besser mit ihm, und der böse Geist wich von ihm" (1. Samuelbuch 16, 23). Trotz seiner Kleinheit und Bescheidenheit, trotz des seltsam leeren Raumes, in dem der Jüngling sich befindet, ist seine Gestalt die Hauptperson im Bild des niederländischen Meisters. Seine Hände rühren die Saiten der Harfe, sein Gesicht ist geneigt und sinnt den Tönen nach. Er ist nicht da und ist doch da - er ist sogar der Mächtigere von beiden.

Seltsam: David steht da vor dem König Saul als ein Kämpfer, der mit dem bösen Geist kämpft. Aber er steht nicht da in der Haltung des selbstbewußten Kriegers, noch viel weniger in der eines machtvollen Beschwörers oder Zauberers. Er blickt den König nicht einmal an. Er will keinen Eindruck machen. Auch nicht mit seiner Gabe, den bösen Geist bezwingen zu können. Er singt vor sich hin. Er ist ganz, mit Leib und Seele, dem Lied hingegeben. Und gerade das macht ihn zum Sieger über den bösen Geist.
Das ist das Geheimnis des Sieges im Kampf mit dem bösen Geist: Wir dürfen ihn nicht beachten. Wir dürfen keinen Eindruck auf ihn machen wollen. Darum brauchen wir ihn auch garnicht genau zu kennen. Es ist wirklich nicht nötig, daß wir über alle seine Schliche und Methoden im Bilde sind. Wir gebrauchen keine ausführliche Kasuistik, um uns zu beruhigen, indem wir uns sagen könnten: so weit kannst du getrost gehen, von da ab jedoch wird's gefährlich! Nein. Jesus sagt seinen Jüngern: "Diese Art fährt nicht aus denn durch Beten und Fasten" (Matthäus 17, 21). Ja, nur indem man sich den Mächten öffnet, die von Gott stammen, und bewußt sich übt, den teuflischen Mächten den Eingang zu versperren, vertreibt man den bösen Geist.

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